Reattachment samt Überkappung der Pulpaöffnung als minimalinvasive Therapiemöglichkeit
Befund
Mit seinem Vater als Begleitperson stellte sich der elfjährige Patient im August 2021 mit einer Frontzahnfraktur (21) vor, unmittelbar nach einem Freizeitunfall beim Stunt-Scooter- Fahren. Die Einzelzahnaufnahme ergab eine Schmelz-/ Kronenfraktur mit einer punktförmigen Pulpaeröffnung und fraglicher Vitalität. Darüber war eine apikale hypoden-se Struktur am Zahn 21 und 22 ersichtlich. Intraoral wurde eine Infraposition von Zahn 21 um 0,5 bis 1mm gegenüber den Nachbarzähnen festgestellt, dazu eine erhöhte Mobi-lität von 21,22,31,32 mit Lockerungsgrad 1, Perkussions-empfindlichkeit von 21 (++). Das Zungenbändchen war minimal eingerissen und in der Unterkieferfront zeigten sich Hypersensibiliäten. An der Unterlippe waren Riss- und Quetschwunden medial Regio 11,21/31,41 zu sehen. Das mitgebrachte Zahnfragment wurde zur schnellstmöglichen Remineralisation in eine Zahnrettungsbox gelegt.
Therapie
Nach Infiltrationsanästhesie und Desinfektion konnte eine direkte Überkappung der Pulpaöffnung mit MTA Zement erfol-gen. Die Passgenauigkeit des Zahnfragmentes wurde geprüft; die Oberflächen an den jeweiligen Bruchstellen geätzt, gespült und getrocknet. Mit Hilfe von Primer, Bonding und fließfähi-gem Komposit (Flow) konnte das Bruchstück befestigt werden. Anschließend wurde zur Sicherung eine TTS-Schiene (Titanium Trauma Splint) mit Hilfe von Flow angebracht. Die Nachkontrol-len am Folgetag und eine Woche darauf ergaben eine korrekte Schienenposition, dazu Vitalität und Perkussion des verletzten Zahns. Die Schiene wurde nach 14 Tagen entfernt.
Behandlungsablauf und interdisziplinäre Maßnahmen
Die behandelnde Zahnärztin klärte ein eventuell vorliegen-des Schädel-Hirn-Trauma sowie der Tetanusschutz ab. Es folgten eine ausführliche Anamnese und Diagnostik; unter anderem mit Hilfe von Röntgenbildern sowie eines Befund-bogens für Frontzahntraumata. Dazu gehörte auch eine Vitalitätsprüfung aller Frontzähne.
Fazit
Bei einer Kronenfraktur im Frontzahnbereich bietet sich als minimalinvasive Therapie ein Reattachment des mit-gebrachten Fragments an. Dadurch lässt sich eine stärker invasive Versorgung mit einer Krone vermeiden. Es ist sinn-voll, substanzerhaltend und ästhetisch mit Bonding und Flow zu arbeiten. Eine Überkappung der kleinflächigen Pul-paexposition war in diesem Fall möglich, da die Maßnahme innerhalb kurzer Zeit nach Trauma erfolgte. Ohne endodon-tische Behandlung blieb der verletzte Zahn vital und musste lediglich vorübergehend durch eine flexible Titanschiene fixiert werden. Die Prognose für Zahn 21 und das umgebende Parodont ist sehr gut. Neben dem rein therapeutischen Nut-zen kann diese Art der „Sofortreparatur“ mit dem Bruchstück des eigenen Zahns auch psychologisch entlastend wirken.